Schule – Projekte
  • Archivfoto der Waldorfschule Potsdam

Projekte

Projektunterricht in der Oberstufe

Ein Zukunftsszenario für den Unterricht
„Der Projektunterricht ist aus meiner Sicht eine Quelle für zukunftsfähige Unterrichtsformen, denn er verbindet Wissen und Tun. Er erlaubt es, aktuelle Themen klassenübergreifend und fächerverbindend zu gestalten, unsere Schule weiterzuentwickeln, bestehende Probleme anzugehen und Selbstwirksamkeitserfahrungen zu machen“, beschreibt und begründet Sibylla Hesse eine Besonderheit der Waldorfschule Potsdam.

Für alle Ideen offen
So wäre ein Solardach für die Schule denkbar. Im Projektunterricht könnten die Berechnungen dazu vorgenommen werden. Und das ist nur ein Beispiel. Ebenso können Gedichte in zwei Sprachen gehört bzw. gelesen und dann künstlerisch umgesetzt oder eurythmisch vertieft werden.

Wer endlich mal nach Herzenslust malen möchte, sich mit Rhetorik, Psychologie, Kleinkindpädagogik oder Philosophie auseinandersetzen möchte – der Projektunterricht erlaubt all das.

Spannend auch für die Unterrichtenden
Auch für die Unterrichtenden bietet der Projektunterricht zusätzlichen Freiraum: Sie können Fähigkeiten einbringen, die außerhalb ihres sonstigen Repertoires liegen, etwa filmen, musizieren, schreiben. „Für mich ist der Projektunterricht eine Herzensangelegenheit. Die thematische Freiheit kann sich mit methodischem Üben verbinden. Und gerne lade ich Schüler*innen als Mit-Lehrer*innen ein. Nicht zuletzt haben wir mit den Ergebnissen schon ein paar Preise gewonnen“, so Sibylla Hesse.

INHALT

Triple Good

Die Triple-Good-Kapuzenpullover gehören mittlerweile zum Schulbild der Waldorfschule Potsdam, insbesondere in den Klassen der Oberstufe. 80 Stück wurden bislang verkauft – eine soziale und ökologische Erfolgsgeschichte. Ein Interview mit dem schulischen Betreuer der Schülerfirma, Jan Wandtke.

Wie entstand Triple Good?
Im Schuljahr 2017/18 ergab sich am Rande des Wirtschaftskunde-Projekts der 10. Klasse die Möglichkeit, fair produzierte Kapuzenpullover aus Bio-Baumwolle über die Schülerfirma Fairwear an der Berliner Rudolf Steiner Schule zu bestellen, und zwar mit dem Logo unserer Schule.

Um die Hoodies zu verkaufen und eine eigene Schülerfirma vorzubereiten, haben sich einige Schüler*innen zusammengetan und in ihrer Freizeit z. B. einen Stand auf dem Basar organisiert.

Seit dem Schuljahr 2018/19 arbeitet die Schülerfirma unter dem Namen Triple Good im Rahmen des Wahlpflicht-Unterrichts. Die Zahl der Beschäftigten ist mittlerweile auf 16 Schüler*innen der Klassen 10–12 angewachsen. Das Angebot hat sich ebenfalls vergrößert: Auch T-Shirts gehören mittlerweile dazu. Momentan fertigen wir Wachstücher, die zum Frischhalten von z.B. Käse oder Brot benutzt werden können. Wir stellen sie aus alten Baumwollstoffresten her, die wir zuschneiden und dann mit Bienenwachs tränken.

Was ist die Geschäftsidee von Triple Good?
Triple Good ist ein von Schüler*innen und Lehrer*innen gemeinsam gegründeter Kleidungsvertrieb. Die Kleidung wird in Indien fair produziert. Fair bedeutet, dass die Arbeitskräfte unter humanen Bedingungen und zu angemessener Bezahlung angestellt sind. 

Die Kleidung wird ausschließlich aus Biobaumwolle hergestellt und teils in Indien, teils eigenhändig von uns bedruckt. Das erwirtschaftete Geld soll nicht als Profit in die eigenen Taschen fließen, sondern wird in gemeinnützige Zwecke investiert werden.

Mit Triple Good gehen und unterstützen wir den Weg ökologischen Wirtschaftens. Unsere Zielgruppen sind Kinder und Jugendliche sowie Schulen im Großraum Potsdam. Mit unserem Standpunkt und unserem Vorgehen wollen andere Menschen inspirieren.

Wie wird die faire und organische Produktion unserer Produkte garantiert?
Drei Schülerinnen unserer Schule sind kurz nach der Gründung von Triple Good gemeinsam mit Mitgliedern der Schülerfirma Fairwear nach Indien gereist und haben sich als Repräsentantinnen unserer Schülerfirma ein Bild von den Produktionsbedingungen vor Ort gemacht. Dazu haben sie täglich mehrere Firmen besucht – darunter natürlich auch die, die mit der Herstellung unserer Produkte beauftragt sind.

Unterstützt von einem Dolmetscher haben die Schülerinnen die Näherinnen und Näher persönlich kennenlernen und viel über sie erfahren können. Hinter jeder Person steckt eine Geschichte, die sie mit nach Deutschland brachten. Allen, die den Jugendlichen geholfen haben, diese kurzen, persönlichen Bindungen mit den Arbeiterinnen und Arbeitern aufzubauen, möchte ich nochmals herzlich danken. Es waren tiefgreifende Erfahrungen, die sie nie vergessen und die unsere weitere Arbeit dauerhaft beeinflussen werden.

Politik-Projekt – Immer aktuell

Politik geht auf das altgriechische Wort „Polis“ zurück. Es stand für alles, was das Gemeinwesen – den Staat bzw. die Stadt also – betraf. Bis heute setzt Politik die Rahmenbedingungen für das gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Zusammenleben der Menschen.

Breite Themenpalette
Entsprechend ihrer Bedeutung betrifft eine Vielzahl von aktuellen Fragestellungen das Thema Politik: Wie ist unser Staat aufgebaut? Wie funktioniert die Europäische Union? Welche Konflikte gibt es rund um die Welt – und was sind ihre Ursachen? Wie ist es um die Menschenrechte bestellt? Was ist Demokratie und wie kann sie gegen Risiken gestärkt werden? Unsere Schule nimmt auch regelmäßig an Junior-Wahlen teil, wo nicht Wahlberechtigte ihre Stimme abgeben, ohne dass sie ins Wahlergebnis einfließen.

„Politik hat einen festen Platz in der 11. Klasse als wöchentliche Fachstunde gefunden“, freut sich Lehrerin Sibylla Hesse daher. Darüber hinaus gibt es eine ganze Reihe von Politikprojekten.

Unterschiedlichste Arbeitsweisen
Die Arbeitsweisen im Politikunterricht reichen von der Lektüre von Zeitungsartikeln über Diskussionen, Rollenspiele und kleine Vorträge bis hin zur Einladung von Gästen und selbst organisierten Veranstaltungen. „Besonders in unserer Gegenwart ist es wichtig, sich als Bürger*in einzubringen mit den eigenen Meinungen bzw. Vorstellungen. Das setzt jedoch voraus, dass jede*r von uns weiß, wo und wie man mitgestalten kann“, sagt Sibylla Hesse. Sie hat deshalb 2008 die Waldorfschule Potsdam als „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ eintragen lassen.

Erfolge im Projektunterricht
Im Projektunterricht können Themen aufgegriffen werden, die gerade unter den Nägeln brennen. So zum Beispiel Klimawandel und was jede*r Einzelne dagegen tun kann: von Müllvermeidung über Pflanzung hitzeresistenter einheimischer Wildkräuter bis hin zum Aufbau einer Schulfreundschaft mit der Zanzibar Steiner School. Dafür errang das Projekt „Tu wat! Klimawandel“ zwei Preise (s.u.).

Diese wurden im Rahmen der 100-Jahr-Feier der Waldorfschulen von einer Stiftung verdoppelt, sodass wir auf Sansibar ein Regenwassermanagement für den Schulgarten finanzieren konnten. Die dort angepflanzten Nahrungsmittel kommen den Schüler*innen (darunter viele Waisen) zugute, wie man auch in diesem Film sehen kann (LINK).

Potsdamer Klimapreis 2020 für das Oberstufenprojekt „Tu wat! Klimawandel“ (Schuljahr 2019-20), Kategorie Schulen, ausgelobt von: Potsdamer Rathaus, Stadtwerke Potsdam, Potsdam Institut für Klimafolgenforschung, Energie Forum Potsdam; verliehen am 20.9.2020, dotiert mit 1.000.-

Schulwettbewerb zur Entwicklungspolitik 2019/2020 (Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, ENGAGEMENT GLOBAL gGmbH) unter dem Motto „Meine, deine, unsere Zukunft?! Lokales Handeln – globales Mitbestimmen“: 4. Platz für das Oberstufenprojekt „Tu wat! Klimawandel“ (Schuljahr 2019-20), dotiert mit 100.-€

Nähere Informationen auch unter: Catharina Engelke, Maria-Sibylla Hesse: Zusammen für die Umwelt. Potsdam und Sansibar bereiten sich auf die Heißzeit vor, in: Erziehungskunst März 2021, S. 39-41, online unter erziehungskunst.de.