
Ursprünglich hätten Frau Tancré und ich in den Herbstferien auf Sansibar sein sollen. Zum ersten Mal sollte mich eine Kollegin auf den alljährlichen Besuch an der Zanzibar Steiner School begleiten! Aber wir wurden ausgeladen.
Eine weitsichtige Entscheidung, wie sich nun herausstellte. Just während unseres geplanten Aufenthaltes fanden nämlich in Tansania die Präsidentschaftswahlen statt.
Seit 2021 Präsident Magufuli unter dubiosen Umständen zunächst verschwunden und dann gestorben ist, regiert seine Vize, Samia Suluhu Hassan, einst eine Hoffnungsträgerin, das Land. Seit der Gründung Tansanias, also dem Zusammenschluss von Tanganjika (dem Festland) und Sansibar (dem Inselarchipel) 1964 durch Julius Nyerere, ist dessen, mit hehren Zielen gegründete, sozialistische Partei Chama Cha Mapinduza an der Macht. Es gibt aber bereits seit vielen Jahren durchaus eine Opposition im Land, die sich gerade für die diesjährigen Wahlen große Hoffnungen gemacht hatte.
Bereits Anfang September erreichten mich Nachrichten von Entführungen oppositionell denkender Menschen in meinem Freundeskreis vom Festland. Dann ging es auch kurz durch die Medien, dass Oppositionspolitiker verhaftet wurden. Die Schule auf Sansibar beschloss daraufhin zwei Wochen rund um die Wahlen am 29.10. zu schließen. Anders war es bei der Hekima Waldorfschool in Dar es Salaam, die ich ebenfalls regelmäßig besuche und wo sich just Ende Oktober eine befreundete Waldorflehrerin aus Hamburg befand. Pünktlich zu den Wahlen wurde im gesamten Land das Internet ausgeschaltet, für insgesamt 6 Tage, zudem gab es keinen Strom mehr und an den Tankstellen wurden Polizisten aufgestellt, die dafür sorgten, dass kein Benzin mehr verkauft wurde.
Was das bedeutet, habe ich von ihr hautnah geschildert bekommen: das Essen wurde knapp, man konnte nicht mehr einkaufen, nicht mehr telefonieren, die Schwarzmarktpreise stiegen ins unermessliche, es wurde geschossen, die gerade neu errichteten Bushaltestellen zum Ausbau der Infrastruktur wurden zerstört und bei den Demonstrationen kamen Hunderte von Menschen ums Leben.
Traurige Bilanz einer Wahl, von der Samia Hassan behauptet, sie habe sie mit 98% der Stimmen gewonnen.
Besonders traurig stimmt dies alle uns, die wir in regelmäßigem, sich gegenseitig befruchtendem Austausch sind und Tansania bisher als ein ausgesprochen offenes, immer selbstbestimmteres Land erlebt haben, das auf das Wohl der Bevölkerung schaute und in wohltuender Abkehr zum immer noch spürbaren Kolonialismus in Afrika agiert hat.
In Sansibar war glücklicherweise wenig bis gar nichts von den Unruhen zu spüren. Es ist eine kleine Inselgruppe und leicht kontrollierbar. An der Schule haben die Kinder so gut wie gar nichts mitbekommen, außer, dass sie zuhause geblieben sind. Stromausfälle sind dort eher die Regel als die Ausnahme und die Schüler besitzen keine Handys. Man ist es gewohnt sich zu helfen und die Natur hält einen großen Schatz an Nahrung bereit.
Nichtsdestotrotz ist das gesamte Land erschüttert und muss sich neu berappeln und hoffentlich das Geschehene aufarbeiten.
Frau Tancré und ich sind guten Mutes unseren geplanten Besuch zu Ostern durchführen zu können.
Wer sich ein Bild machen möchte, was ansonsten so läuft im Rahmen der Städtepartnerschaft Potsdam-Sansibar ist herzlich eingeladen am kommenden Samstag ins Brandenburgmuseum. Von 11.00 bis 15:00 Uhr findet dort eine bunte Veranstaltung statt, siehe Flyer.
In diesem Sinne: Karibuni – herzlich Willkommen!
(Catharina Engelke ist seit 2018 eng mit der ZSS verbunden und berichtet in regelmäßigen Abständen darüber.)