Was heißt mit Schüler*innen forschen?

Schulischer Unterricht beschränkt sich meist darauf, grundlegende Züge von Wissenschaftsgebieten zu vermitteln. Sehr selten können wir mit Schüler*innen wirklich Neues herausfinden.

Im Fach Geschichte ergab sich die Möglichkeit in den Winterferien, einmal ins Brandenburgische Landeshauptarchiv (BLHA) in Golm zu gehen. Das große Foto zeigt die öffentlich normalerweise unzugänglichen Archivdepots, die uns im Rahmen einer Führung gezeigt wurden. Das zweite Dokument hatten wir schon mehrfach in Büchern reproduziert gesehen, nun hielten wir das Original in eigenen Händen: die Liste der Potsdamer Juden vom Dez. 1941! Die bereits Deportierten wurden durchgestrichen, darunter auch das von uns für die Stolpersteinsetzung betrachtete Ehepaar Apriasky.

Wir konnten die kalten Verwaltungsakte des Raubmordes an den Juden (G. Aly) im Detail nachverfolgen: wie sie um die Erlaubnis, Geld von ihrem eigenen Konto abzuheben, nachsuchen mussten. Wie sie jedes Hemd, jeden Löffel einzeln zu verzeichnen hatten vor ihrer Deportation. Wie ihnen, gleichermaßen aufgelistet, im Falle der Auswanderung die Mitnahme von Teppichen oder ihres Bechstein-Flügels verwehrt wurde: Mit deutscher Gründlichkeit hat man dann den Ausfuhrzoll um diese Summe verringert, erst nach Antrag der Betroffenen natürlich.

Beim Lesen der in diesen Archivalien dokumentierten bürokratischen Vollzüge wurde NS-Geschichte am Beispiel von Potsdamer*innen konkret erlebbar, soweit solches historisches Tun überhaupt nachvollziehbar ist.

(S.Hesse)